Ich bin richtig stolz auf meine beiden Enkel, und auf meine beiden Töchter natürlich auch. Denn die haben – gemeinsam mit ihren Männern – ihren Söhne etwas beigebracht, was ich für ausgesprochen wichtig halte und in deren Alter nicht unbedingt selbstverständlich ist. Wenn man die beiden Kleinen nämlich fragt, wie sie heißen und wo sie wohnen, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: Vorname, Nachname, Straße, Ort, Land und, man traut seinen Ohren kaum, selbst der Kontinent wird gleich mit genannt. Was soll ich sagen? Wir wollen mal hoffen, dass unsere beiden kleinen Männer nie verloren gehen. Wenn es aber doch einmal passieren sollte, dann erinnern sie sich – hoffentlich – an das Gelernte.
Opas von heute
Ich muss noch einmal auf das Opa-Bild unserer Gesellschaft zu sprechen kommen. Während die große Mehrheit Großväter nach wie vor, wie ich es immer formuliere, als Männer mit vom Leben gezeichneten und von Falten zerfurchten Gesichtern betrachtet, die gebrechlich und unbeweglich allenfalls noch im Schaukel- oder Rollstuhl dem Treiben ihrer Enkel ziemlich teilnahmslos beiwohnen, kommen diese im wirklichen Leben ziemlich aktiv, vital und modern daher und finden sich mit der ihr zugedachten Rolle nicht mehr ab. Über ein weiteres Beispiel berichtete jetzt eine gute Bekannte, die letztens ihre Freundin besucht hatte. Deren 6-jährige Tochter lag leidend und ziemlich blass um die Nase auf der Couch. Unsere Bekannte fragte sie, was denn los sei. Die Antwort: “Mir ist schlecht.” Auf ihr mitfühlendes “Bist du krank?” antwortete sie: “Nein, ich bin mit Opa Porsche gefahren.” Was unsere Bekannte mit der Bemerkung bedachte: “Ohne Worte, ich habe Tränen gelacht.” Was soll ich sagen? Opas von heute eben. Da müssen sich offenbar selbst die Jüngsten noch dran gewöhnen.
Zum Ritter schlachten
Mit kleinen Kindern zu spielen, ist nicht ganz ungefährlich. Und mit Jungs schon gar nicht. Während Mädchen in aller Regel – ungeachtet aller Emanzipationsbemühungen – eher doch mit Puppen spielen, geht es bei dem männlichen Nachwuchs meistens ums Kämpfen und dabei dann ziemlich zur Sache. Und ganz beliebt wiederum ist “Ritter spielen”. Dass ein Ritter aber nicht so einfach vom Himmel fällt, ist ja allseits und damit auch bei unseren Enkeln bekannt. Unser ältester wollte dabei jetzt sogar schon selbst zu Werke schreiten. Um Oma, damit sie auch auf Augenhöhe mitspielen konnte, in den Ritterstand zu erheben, wurde sie letztens aufgefordert, sich hinzuknien mit der Ankündigung: “Ich werde dich jetzt zum Ritter schlachten.” Was soll ich sagen? Wie schon erwähnt: Mit kleinen Kindern zu spielen, ist in der Tat nicht ganz ungefährlich.
Würde ich auch gerne wissen
Kinder können Erwachsenen ja Löcher in den Bauch fragen. So natürlich auch unsere beiden Enkel, die zur Zeit alles ganz genau wissen wollen. Vor allem unser Ältester hat das Wort “warum” geradezu gepachtet. Man kann kaum noch etwas tun oder sagen, ohne dass die Angelegenheit hinterfragt würde. In aller Regeln versuchen wir ja, diesen Wissensdurst unserer beiden Kleinen zu stillen, und beantworten mit stoischer Ruhe jede Frage. Was aber neulich einem Vater in einem Supermarkt widerfahren ist, hätte auch Opa erst einmal sprachlos gemacht. Da stand also, wie eine gute Bekannte mir erzählte, besagter Vater mit seiner Tochter vor der Fischtheke, als die junge Dame ihn fragte: “Warum haben die Fische keine Wimpern?” Der Verkäufer habe sich daraufhin kaum mehr halten können und nur lakonisch gemeint: “Jetzt haste aber ein Problem.” Was soll ich sagen? Ja, warum haben Fische eigentlich keine Wimpern. Das würde ich auch gerne wissen.
Wo bitte, geht’s zum Paradies?
Es ist ein Schicksal, das unter die Haut geht. Halima Alaiyan ist Palästinenserin. Ihr Geburtsort Ibdes liegt in Israel, von wo aus die Eltern mit ihr 1948 nach der Staatsgründung Israels nach Ägypten fliehen. Dort lernt sie später ihren Mann kennen. Mit ihm zieht sie nach Saudi Arabien und bekommt zwei Töchter. 1966 während eines Aufenthalts bei den Schwiegereltern im Flüchtlingslager in Gaza wird ihr Sohn Talat geboren. Er leidet an Thalassämie, einer unheilbaren Blutkrankheit, der er 1989 als eines der ältesten Kinder der Welt mit dieser Erkrankung in Deutschland erliegt. Diese nüchternen Fakten können das unermessliche Leid, das die Familie über Jahre ertragen musste, nicht einmal annähernd erahnen lassen. Halima Alaiyan, die mittlerweile als Orthopädin arbeitet, hat es einmal so formuliert: “Meine Kindheit und Jugend waren geprägt von der Trauer um die verlorene Heimat und vom Hass auf diejenigen, die uns vertrieben haben. Bei einem Besuch im Konzentrationslager in Mauthausen bin ich erstmals mit dem Holocaust in Berührung gekommen. Seither verspüre ich Verständnis für die Juden und ihre Sehnsucht, in einem eigenen Staat zu leben. Ich meine, Palästinenser und Israelis sind sich eigentlich ganz nahe, sie wissen es nur nicht.” In Erinnerung an ihren verstorbenen Sohn gründet sie die Talat Alaiyan-Stiftung und bringt seit 2004 israelische, palästinensische und deutsche Jugendliche in Berlin zusammen. Auf dem Programm stehen u.a. Besuche einer Synagoge, einer Moschee und einer Kirche sowie des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen. Auch diese Beschreibung gibt nicht annähernd wieder, was sich bei diesen Treffen abspielt. Nicht selten wollen die Jugendlichen anfangs nichts miteinander zu tun haben und drohen gar mit Abreise. Und dieselben Jugendlichen sind es dann, die später als Liebespaar unter Trennungsschmerzen leiden. Was soll ich sagen? Auch das sind Schicksale, die unter die Haut gehen – ganz nach dem Motto der Stiftung: “Wo bitte, geht’s zum Paradies?”
Gerüchteküche-Küchengerüchte
Laut Duden ist die Gerüchteküche ein imaginärer Ort, an dem viele Gerüchte entstehen. Ist dieser Ort allerdings eine Küche, dann sind es eben Küchengerüchte. Die können auch spannend oder lustig oder beides sein. Jedenfalls wird sich Opa künftig jeden Samstag mit ihnen beschäftigen. Heute geht es um die Küchengerüchte zum Thema Stahlseife:
Jeder kennt das: Wer in der Küche Fisch, Käse, Knoblauch oder Zwiebeln schneidet, hat den Geruch noch stunden-, wenn nicht gar tagelang an den Fingern. Da hilft es auch nicht, sich immer wieder die Hände zu waschen. Keine Seife der Welt vermag die Gerüche zu vertreiben. Jedenfalls keine echte Seife. Bei mir in der Küche steht für solche Fälle ein Ei in der Nähe der Spüle. Also kein richtiges Ei, sondern ein Stahlei. Das nehme ich dann, benutze es wie eine Seife und reibe meine Hände unter Wasser an dem Metallei. Und im wahrsten Sinne des Wortes: Im Handumdrehen sind die Gerüche weg. Was soll ich sagen? Wissenschaftlich ist die Wirkung von Stahlseife, wie sie genannt wird, zwar umstritten. Wenn’s aber hilft. Ich zumindest schwöre darauf.
“War schön mit euch!”
Es gibt sie wirklich, die Duplizität der Ereignisse. Als Oma und Opa beim Frühstück saßen, klingelte das Telefon und unsere jüngste Tochter war dran. “Habt ihr Lust, mit in den Zoo zu gehen?”, fragte sie. Da wir den Tag der Deutschen Einheit noch nicht anderweitig verplant hatten, sagten wir zu und verabredeten uns für zwölf Uhr. So blieb uns noch genug Zeit, in Ruhe zu frühstücken und uns stadtfein zu machen. Es dauerte keine fünf Minuten, da klingelte das Telefon erneut. Nun war es unsere älteste Tochter, die nachfragte, was wir denn für den Tag geplant hätten. Sie selbst, ihr Mann und ihr Sohn seien im Zoo mit Freunden verabredet. Was soll ich sagen? Zwei Töchter, ein Gedanke, der sich bei diesem Wetter – strahlender Sonnenschein und blauer Himmel – wahrlich angeboten hat. Und getroffen haben wir uns im Zoo natürlich auch. Dann, nach einem wunderbaren Tag mit der Familie, gab’s zum Abschied von unserem Jüngsten neben einem Küsschen sozusagen noch die Adelung: “War schön mit euch!”
PS: Auf die Idee, in den Zoo zu gehen, waren übrigens auch noch viele andere Berliner und Touristen gekommen. Jedenfalls ersparte uns der Tipp unserer Ältesten, die Tickets online im Internet zu kaufen, längere Wartezeiten.
Wenn Löwen in der Nähe sind, ist es auf Omas Armen am sichersten. Man weiß ja nie.
Durchschnittsalter 74
Bei meinen Streifzügen durch das Internet und der Suche nach neuen Themen für diesen Blog bin ich auf ein Unternehmen gestoßen, das ich meinen Lesern nicht vorenthalten will. Damit kein falscher Verdacht entsteht: Es handelt sich dabei nicht um versteckte Werbung. Denn die Firma hat ihren Sitz in Needham, Massachusetts, in den Vereinigten Staaten von Amerika, heißt Vita Needle und stellt seit 1932 Edelstahlrohre und Nadeln her – also nicht gerade Produkte, die in Familien auf Platz eins der Wunschliste stehen. So weit, so gut. Das Besondere an der Firma ist, dass das Durchschnittsalter der Beschäftigten, und jetzt halten Sie sich fest, bei sage und schreibe 74 Jahren liegt. 95 Prozent der Belegschaft sind pensionierte Teilzeitbeschäftigte. Firmenchef Fred Hartmann weiß, warum er vorrangig Senioren einstellt: Zuverlässigkeit, Qualität und Loyalität. Was soll ich sagen? Manche wissen eben, was sie an den Alten haben. Und die sind auch noch glücklich und zufrieden. Die 100 Jahre alte Rosa Finnegan bringt ihre Gefühle auf den Punkt: “Ich denke, das ist der wundervollste Platz auf Erden.” Sie glauben das alles nicht? Dann schauen Sie sich den Bericht von PBS NewsHour doch selbst an.
Einstein oder Goethe?
Als wir neulich mit unserem ältesten Enkel im Auto unterwegs waren, hat mich der Kleine richtig überrascht. Jedenfalls fing er plötzlich an zu zählen und spuckte die Zahlen bis 20 ohne jede Hilfe nur so aus. Mit ein wenig Unterstützung ging es sogar noch fast bis 30 weiter. Für dreieinhalb Jahre finde ich das schon eine Leistung. Sicher ist das zum Teil auswendig gelernt, aber eine Vorstellung davon, was ein Auto, zwei Autos oder drei Autos bedeuten, hat er schon. Soweit die Zahlen, nun zu den Buchstaben. Seinen Namen schreiben, kann er schon lange. Und auch das Lied “A, B, C, die Katze läuft im Schnee” ist seit geraumer Zeit ein großer Hit. Selbst der Buchstabe “Y” geht ihm wie geschmiert über die Lippen. Was soll ich sagen? Einstein oder Goethe? Das ist hier die Frage. Wer die Wahl hat, hat die Qual.
Auf die Richtung kommt es an
Unser jüngster Enkel ist ganz schön pfiffig, und nicht nur für sein Alter. Wenn er bei uns im Auto mitfährt, wird er natürlich immer ganz vorschriftsmäßig in seinem Stühlchen angeschnallt. Und um besser hantieren zu können, fährt Oma dann den Beifahrersitz ein Stück nach vorne. Wenn der kleine Mann dann wieder ausgestiegen ist und keine neuerliche Fahrt mehr mit ihm ansteht, lässt er selbst den Sitz wieder nach hinten fahren. Dass er weiß, mit welchem Schalter dies zu bewerkstelligen ist, versteht sich von selbst. Einmal jedoch war Oma etwas schneller als er und betätigte eben diesen Schalter – allerdings in die verkehrte Richtung, so dass die beiden vorderen Sitze nicht wie sonst in etwa auf einer Linie standen. Daraufhin fragte der Kleine irritiert: “Warum ist der eine Sitz jetzt vorne und der andere hinten?” Was soll ich sagen? Das hat sich Oma dann auch gefragt. Den Schalter in die richtige Richtung betätigt hat letztlich aber wieder unser Jüngster – sicher ist sicher.

