So schön kann Berlin sein

Nach den grauen Tagen war dieser Sonntag eine Erlösung: Sonne satt und ein makelloser blauer Himmel erhellten die Gemüter. Da hielt es niemanden mehr zu Hause. Auch Oma und ich haben unserem Cabrio eine kleine Ausfahrt gegönnt und eine kleine Stadtrundfahrt gemacht. Coronoakonformer als im Auto ging es nicht. Was soll ich sagen? Wenn jetzt noch die Terrassen geöffnet sein dürfen und man hier und da verweilen kann, ist nicht nur den Gastronomen geholfen, sondern auch den mittlerweile geschundenen Gemütern.

Monolith von Lichterfelde-West

Auf der ganzen Welt tauchen plötzlich Stelen auf. Die erste wurde in Utah entdeckt, inmitten einer roten Felsenlandschaft. Das Objekt war aus rostfreiem Stahl und erinnerte an den Monolithen aus Stanley Kubrick Film „2001: Odyssee im Weltraum“. Doch so plötzlich er da war, so plötzlich war er auch wieder weg. Seitdem tauchen an den unterschiedlichsten Stellen diese Stelen auf, von Rumänien bis Großbritannien, von Hamburg bis Neuschwanstein, vom Acker bis zum Gebirge. Und nun auch in Berlin, inmitten eines Wohngebietes im Schweizer Viertel in Lichterfelde-West. Für die Monolithenjäger hier der genaue Standort: Breitengrad 52,427639, Längengrad 13,299827. Wie lange die Stele, die erstmals aus Beton ist, dort noch besichtigt werden kann, vermag niemand sicher vorherzusehen. Was soll ich sagen? Wie wusste schon Meister Yoda: „Schwer zu sehen, in ständiger Bewegung die Zukunft ist.“ Aber schon jetzt ist klar: Lichterfelde-West wird damit in die Geschichte der Monolithen eingehen.

Der Monolith von Lichterfelde-West.

Abakus statt Breitband

Es ist ein Trauerspiel! Die Digitalisierung der Schulen in Berlin hat noch nicht einmal begonnen, obwohl die rot-rot-grünen Koalitionäre in ihrer Vereinbarung 2016 vollmundig ankündigten, die Schulen „mit schnellen und leistungsfähigen Breitbandanschlüssen, W-Lan für alle und einer zeitgemäßen Hard- und Software-Ausstattung“ zu versorgen. Passiert ist seitdem, wie so oft in Berlin, NICHTS. Der Auftrag für den Anschluss der 700 allgemeinbildenden Schulen an das leistungsfähige Breitbandnetz ist noch nicht einmal vergeben. Stattdessen wird, was das übliche Vorgehen an der Spree ist, Schwarzer Peter gespielt. Und das heißt es: Schuld sind immer die anderen. Was soll ich sagen? Wenn das alles nicht so traurig wäre, müsste man über diese Unfähigkeit eigentlich lachen. Aber es geht hier um die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder, denen damit vor allem jetzt in Coronazeiten ein strukturiertes digitales Bildungsangebot fehlt. Dass es auch anders geht, hat Hamburg bewiesen. Dort wurde das Digitalisierungsprojekt für den Anschluss an das Breitbandnetz bereits 2013 nach nur fünf Jahren abgeschlossen. Während in Hamburg damit die digitale Zukunft schon begonnen hat, begnügt sich Berlin noch mit dem Abakus, wobei ich allerdings so meine Zweifel habe, ob den in der Verwaltung überhaupt jemand bedienen könnte. Manchmal wähnt man sich hier wie in der Steinzeit.

Rechnen wie anno dazumal: Der Abakus ist eines der ältesten bekannten Rechenhilfsmittel.

Berlin in 100 Kapiteln

„Wenn Berlin ein Gedicht wäre“ lautet der Titel des 4. Kapitels, das der Versuch eines Psychogramms der Berlinbewohner sein soll. Doch damit treffen Harald Martenstein und Lorenz Maroldt in ihrem Stadt-Porträt „Berlin in 100 Kapiteln … von denen leider nur 13 fertig wurden“ den Nagel auf den Kopf, wobei Kapitel 8, das mit „Zurückbleiben bitte“ überschrieben ist, sozusagen einem Feinschliff bei der Darstellung des Berliners gleichkommt. Der Wiedererkennungswert jedenfalls beträgt für einen in der deutschen Hauptstadt lebenden Leser mindestens 100 Prozent, wenn nicht sogar mehr. Das liegt nicht zuletzt daran, dass vor allem Beispiele aus dem Kosmos des Berliner ÖPNV zur Beschreibung herangezogen werden. „Nimm deinen Zuckerarsch aus meiner Tür!“ hält dabei als Soft-Variante für die sprichwörtliche Berliner Schnauze her, „Schwing deinen Arsch in den Waggon, du Kanaille!“ als etwas rauere Fassung. Auch das detailliert beschriebene „Bremsbowling“, „also wie sich durch scharfe, unerwartete Bremsmanöver möglichst viele Leute im Waggeninneren umkegeln lassen“, das BVG-Fahrer angeblich in einem fiktiven Trainingszentrum erlernen, ist für leidgeprüfte ÖPNV-Nutzer eher die bittere Realität. Die Beispiele für treffsichere Beschreibungen des Berliner Alltags ließen sich endlos fortsetzen. Insofern ist den beiden Autoren wirklich ein großer Wurf gelungen, der für Neuberliner ein absolutes Muss und für Altberliner eine amüsante Bestätigung ihres Alltags ist. Was soll ich sagen? Wenn man überhaupt etwas an diesem Buch kritisieren will, dann dies: In Kapitel 7, in dem die zwölf Bezirke ebenfalls recht launisch beschrieben werden, kommt Lichterfelde-West überhaupt nicht vor, wobei das vermutlich nur in Lichterfelde-West wohnende Zeitgenossen – so wie ich – überhaupt bemerken. Aber was soll’s? Selbst dieser kleine Fauxpas tut dem Buch keinen Abbruch. Wie sagte doch der zitierte „Spock“ aus der Kreuzberger Traditionskneipe „Novo“: „Manchmal ist das, was man hat, eben das Beste, was man kriegen kann.“

PS: Ein Lob gilt auch dem Verlag Ullstein, der der Umwelt zuliebe auf die bei vielen anderen ansonsten immer noch übliche Plastikfolie verzichtet und einen intelligenten, selbstklebenden Verschluss benutzt hat.

Harald Martenstein und Lorenz Maroldt, Berlin in 100 Kapiteln                                          Ullstein, Berlin, 2020, 288 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-550-20010-6

Corona: Total tiefenentspannt

Das Corona-Virus ist in aller Munde und nun auch in Berlin angekommen. Und um es gleich vorwegzuschicken: Oma und ich haben keine Panik. Wir sind – wie vermutlich alle – in Sorge um unsere Kinder und Enkelkinder. Aber Hysterie und Angst waren noch nie gute Berater. Insofern haben wir uns in den letzten Tagen auch nicht anstecken lassen und darauf verzichtet, wie die Verrückten Hamster zu kaufen, die wir selbst in Supermärkten nicht mehr gefunden haben. Während Oma und ich also total tiefenentspannt die Dinge auf uns zukommen lassen, betreiben unsere beiden Töchter schon eine gewisse Vorsorge, die dann einem unserer Enkel bei seiner Mutter denn doch ein wenig zu weit ging. Als die nämlich im Drogeriemarkt noch einen Lidschatten mehr als gewöhnlich kaufen wollte, fragte der kleine Mann seine Mutter: “Glaubst Du wirklich, dass das noch wichtig ist, wenn wir zu Hause in Quarantäne sitzen?” Was soll ich sagen? Der Rat von Oma und mir ist ganz klar: Lasst die armen Hamster in Ruhe und bleibt so lange, wie es nur eben geht, normal. Die Zeiten sind ohnehin verrückt genug. Und schlimmer wird es vermutlich von ganz alleine. Dann kann man sich immer noch verrückt machen …

Hamburger at its best

Unbezahlte Werbung

Dass Stanley Tyrone Greene Spaß an der Freud hat, sieht man ihm an. Der 64-Jährige, der aus Florida stammt, lebt seit 40 Jahren in Berlin. 15 Jahre lang war er als US-Soldat in Dahlem stationiert, danach probierte er eine Reihe von Dingen aus, was 2010 zu dem Entschluss führte: Ich mache meine eigene Grillsauce, was angesichts dessen, dass er Sohn eines Kochs ist, vermutlich nicht die schlechteste Idee war. Jedenfalls folgte 2017 die Eröffnung seines House of Mmi, sozusagen die Homebase seiner Mmi-Grillsauce, die natürlich auf seinen Hamburgern und, was er sonst noch so alles in seinem Grill am U-Bahnhof Freie Universität/Thielplatz zu bieten hat, nicht fehlen darf. Was soll ich sagen? Als Oma und ich jetzt dort unseren ersten Cheeseburger und die French Fries gegessen haben, kam uns nur eines in den Sinn: Leute, vergesst McDonald’s oder Burger King. Wer einen richtigen Hamburger und richtig leckere Pommes Frites essen will – und das Glück hat, in Berlin zu sein -, sollte sich in den Südwesten der Stadt aufmachen. Unser letzter Besuch bei Greene war das sicher nicht: Hamburger at its best.

Lichterfelder West-Wand

Die meisten Menschen werden denken: Berlin und Berge haben nichts miteinander zu tun. Doch weit gefehlt. Es gibt beispielsweise den Kreuzberg und den Teufelsberg. Auf letzterem hat sogar einmal ein FIS-Skirennen stattgefunden. Es ging um Weltcup-Punkte im Parallel-Slalom. Am 28. Dezember 1986 waren zahlreiche Stars, darunter DSV-Ass Markus Wasmeier aus Deutschland, Slalom-Seriensieger Ingemar Stenmark aus Schweden und Slalom-Weltcupsieger Bojan Krizaj aus Jugoslawien, am Start und – hatten das Nachsehen. Gewinner war am Ende auf der 82 Höhenmeter messenden Piste der österreichische Abfahrts-Olympiasieger von 1980, Leonhard Stock, der nach langer Verletzungspause wieder fit war und im Finale siegte. Allerdings blieb das der einzige alpine Höhepunkt an der Spree, obwohl es in Berlin einen Skiverband und eine Sektion des Deutschen Alpenvereins gibt. Beide Institutionen werden allerdings jetzt aufhorchen, nachdem sich im Südwesten der Stadt alpin Gewaltiges getan hat. In der Baseler Straße konnte sich der Hauch von Eiszeit, der dereinst drei Steine vom Himmel fallen ließ, zu einem Bergmassiv mausern, das bei Bergsteigern als Lichterfelder West-Wand berüchtigt werden dürfte. Der erste hat den Berg bereits bezwungen und ein Gipfelkreuz aufgestellt, das immer mehr Gleichgesinnte nach sich zieht. Was soll ich sagen? Bei uns im Südwesten der Stadt ist die Welt noch in Ordnung und Luis Trenker lebt. Denn wer genau hinhört: Der Berg ruft!

Berliner haben’s nicht leicht

Berlin hat’s nicht leicht, oder genauer gesagt: Die Berliner haben’s nicht leicht. „Tote kommen nicht unter die Erde, Geburtsurkunden dauern Monate, jeder Behördengang ist eine Qual: Wer Sehnsucht nach einer linken Sammlungsbewegung hat, sollte sich den Alltag im rot-rot-grün regierten Berlin anschauen“, beginnt eine Kolumne von Jan Fleischhauer auf SPIEGEL ONLINE und ist überschrieben mit: Das Venezuela Deutschlands. Es dauerte nicht lange, da legte Die Welt nach und beschrieb die Missstände so: „Heraus kommt am Ende eine Hauptstadt, die nicht nur zu doof ist, einen Flughafen zu planen oder auch nur einen Radweg zu markieren. Es ist so, als würde Borat Berlin regieren. Hier ist Gentrifizierung, so spotten feine Hamburger, wenn der Nachbar anfängt, mit Messer und Gabel zu essen.“ Verantwortlich für das Elend ist, da sind sich so ziemlich all einig: Der Regierende Bürgermeister Michael Müller und seine Senatoren, über die in besagtem Welt-Artikel wie folgt geschrieben wird: „Der Regierende Bürgermeister wird selbst in seiner eigenen Partei ignoriert, bis auf Innensenator Andreas Geisel haben die meisten Genossen die Namen ihrer Senatoren vergessen. Die Chefin der Grünen, die erzvernünftige Ramona Pop, wird von ihrer linken Basis aggressiv übergangen. Und in der Linkspartei wird im Osten verdrängt, dass die DDR untergegangen ist und so was Ähnliches wie Marktwirtschaft existiert.“ Da kann es auch nicht verwundern, dass bei der jüngsten Umfrage der Regierende wieder auf einem der letzte Plätze landet, was die Zufriedenheitsrate betrifft. Was soll ich sagen? Da lasse ich doch gerne die 1932 geborene Sozialarbeiterin Anneliese Bödecker, die für ihren Einsatz in Berlin 1999 den Verdienstorden des Landes erhielt, zu Wort kommen: „Die Berliner sind unfreundlich und rücksichtslos, ruppig und rechthaberisch, Berlin ist abstoßend, laut, dreckig und grau, Baustellen und verstopfte Straßen, wo man geht und steht – aber mir tun alle Menschen leid, die nicht hier leben können!“ Offenbar war das schon immer so: “Berlin. Es lebt dort ein so verwegener Menschenschlag beisammen, daß man mit der Delikatesse nicht weit reicht, sondern daß man Haare auf den Zähnen haben und mitunter etwas grob sein muß, um sich über Wasser zu halten.” So jedenfalls Johann Wolfgang von Goethe, und das schon am 4. Dezember 1823. Na denn, wenn alles so bleiben soll, wie es ist, muss sich ‘ne Menge ändern.

Berlin – mit Licht und Schatten …

Love is in the air

Liebe ist … mehr als ein Wort, heißt eine der Liebe ist … Sprüche. Daran muss wohl derjenige oder diejenige gedacht haben, der einen Briefkasten am Wittenbergplatz in Berlin sozusagen umgewidmet hat. Denn normalerweise transportiert ja die Deutsche Post ziemlich alles, was so zu Papier gebracht werden kann. Und da wissen wir ja: Papier ist geduldig. Rechnungen, Mahnungen, Vorladungen, Bußgeldbescheide, etc. – die Liste von den Briefen, auf die man gerne verzichten kann, ließe sich beliebig fortsetzen. Auch Unverschämtheiten wird es genug geben, obwohl ja Hass-Mails und entsprechende Kommentare neuerdings eher eine Unsitte in der elektronischen Kommunikation geworden sind. Wie auch immer: Die Anregung, nur noch Liebesbriefe aufzugeben, hat was. Was soll ich sagen? Insofern ist es gut, dass eine Freundin von Oma das Ganze fotografiert und an eine Zeitung geschickt hat. Die fand die Idee offensichtlich auch gut und hat das Bild veröffentlicht. Wenn das nun über einen Pressespiegel vielleicht auch noch auf dem Tisch des Post-Vorstandsvorsitzenden Frank Appel landet, könnte der sich ja ein ganz neues Geschäftsmodell ausdenken – ganz nach dem Motto: Love is in the air. Schließlich wird ein nicht unbeachtlicher Teil der täglich 60 Millionen Briefe über das Nachtluftpostnetz transportiert.

Entdeckt und fotografiert von Peggy Schilke, die sich sicher freut, dass sie auf Opas Blog richtig geschrieben wird.                                                                     Foto: Peggy Schilke

Jugend musiziert: Macht weiter

Jugend musiziert – diesen Wettbewerb gibt es nun schon seit 1964 in Deutschland. Das sind über 50 Jahre, in denen dieses Format an Attraktivität aber auch gar nichts eingebüßt hat. Ganz im Gegenteil: Jedes Jahr sind Oma und Opa immer wieder restlos begeistert darüber, mit welcher Leidenschaft die Jungen und Mädchen ihre Talente auf ihren Musikinstrumenten präsentieren. Um so mehr freuen wir uns auch, dass wir nun schon seit Jahren den Wettbewerb in Berlin mit einem Sonderpreis unterstützen dürfen. War es in den ersten Jahren “nur” ein reiner Klavierpreis, wurde es in den letzten Jahren der butterfly communications | Preis der Jugend-Jury, der in diesem Jahr in der Kategorie “Klavier vierhändig” verliehen wurde. Eine Preisträgerin, Tabea Streicher, die mit ihrem Bruder Daniel angetreten war, hat mittlerweile fast ein Abonnement auf unseren Preis. Denn schon im vergangenen Jahr war sie in der Kategorie “Klavier” unter den Gewinnern. Was soll ich sagen? Ich würde gerne zwei Zitate miteinander verbinden, die von Richard Wagner und Victor Hugo stammen: Musik ist die Sprache der Leidenschaft, die ausdrückt, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist. Also Kinder, macht weiter, für Euch und für uns!

Auch 2018 hat es einen butterfly communications | Preis der Jugend-Jury gegeben. Preisübergabe am Sonntagabend im Konzertsaal der Universität der Künste durch Detlef Untermann hier an Tabea und Daniel Streicher.