Winter ist anders

Irgendwie hat man das Gefühl, dass das Wetter auch nicht mehr das ist, was es einmal war. Jedenfalls sind die Temperaturen mit knapp unter zehn Grad alles andere als winterlich. Die Meteorologen sprechen sogar schon vom Aprilwetter im Februar. Vielleicht sollten wir alle doch noch einmal ernster über das Thema Erderwärmung nachdenken. Unser jüngster Enkel hat derweil ganz andere Probleme. War er vor genau einer Woche noch ganz glücklich, als sein Vater einen stattlichen Schneemann für ihn gebaut hatte, ist er jetzt richtig traurig. Denn sein Schneemann hat sich in Wohlgefallen aufgelöst. Traurig sind aber auch die Bilder, die den rasanten wie dramatischen Zerfall dokumentieren. Was soll ich sagen? Winter ist anders

.Ganzer Schneemann  Halber Schneemann  Kein Schneemann    Rasanter wie dramatischer Zerfall eines Schneemanns.

Purer Horror

Die Einleitung liest sich schon wie purer Horror: “Verantwortungsbewusste Eltern erschrecken ihre Kinder nicht einmal mit Platzpatronen. Der Kindesmisshandler aber gibt nicht bloß Warnschüsse ab, sondern schießt scharf. Seine Attacken verursachen schmerzhafte, teilweise lebensgefährliche Verletzungen, psychisch wie physisch. Und er greift immer wieder an, täglich, wöchentlich, meist über viele Jahre hinweg. Mit Faustschlägen und Fußtritten, mit maßlosen Beschimpfungen und Herabsetzungen. Er sperrt seine Opfer in Kellerlöcher oder Zimmer, deren Fenster mit schwarzer Folie verklebt sind. Er lässt sie hungern, dursten, frieren. Er zerstört ihre Körper und Seelen.” So stimmen die renommierten Rechtsmediziner Michael Tsokos und Saskia Guddat die Leser in ihrem neuen Buch ein. Deutschland misshandelt seine Kinder lautet der Titel dieser “Streitschrift”, die aufrütteln und etwas verändern will. Denn die typische Reaktion auf das Thema sind: “Ein Klaps hat noch keinem geschadet” oder “So etwas macht doch heutzutage in Deutschland niemand mehr!” Doch die Wirklichkeit sieht leider anders aus: “Laut offizieller Polizeistatistik sterben in Deutschland jede Woche drei Kinder an den Folgen ihrer Misshandlung. Jede Woche werden rund siebzig Kinder so massiv malträtiert, dass sie ärztlich behandelt werden müssen. Das sind 3.600 krankenhausreif geprügelte, in die lebenslange Behinderung geschüttelte, mit glühenden Zigaretten verbrannte oder auf andere Weise schwerstgeschädigte Kinder Jahr für Jahr. Und das sind 160 Kinder, die alljährlich bei uns getötet werden – nicht durch Unfälle oder kindlichen Übermut, sondern durch erwachsene Täter – in aller Regel Vater oder Mutter oder der aktuelle Lebenspartner eines Elternteils.” Was soll ich sagen? Da fällt mir nur wieder der kürzeste Satz aus der Bibel ein, den ich bei diesem Thema schon einmal zitiert habe: “Jesus weinte.” (Johannes 11,35)

Tsokos                         Deutschland misshandelt seine Kinder                                                                            Michael Tsokos & Saskia Guddat                                                                                    256 Seiten, 19,99 Euro                                                                                                ISBN: 978-3-426-27616-7                                                                                      Droemer Verlag 2014

PS: Das ZDF hat sich gestern Abend auch des Themas angenommen. Hat zoom+ noch den versagenden Kinderschutz angemessen an den Pranger gestellt, war die Vermischung bei Lanz zwischen Dschungelcamp und geschundenen Kinderseelen unerträglich.

Wo bitte, geht’s zum Paradies?

Es ist ein Schicksal, das unter die Haut geht. Halima Alaiyan ist Palästinenserin. Ihr Geburtsort Ibdes liegt in Israel, von wo aus die Eltern mit ihr 1948 nach der Staatsgründung Israels nach Ägypten fliehen. Dort lernt sie später ihren Mann kennen. Mit ihm zieht sie nach Saudi Arabien und bekommt zwei Töchter. 1966 während eines Aufenthalts bei den Schwiegereltern im Flüchtlingslager in Gaza wird ihr Sohn Talat geboren. Er leidet an Thalassämie, einer unheilbaren Blutkrankheit, der er 1989 als eines der ältesten Kinder der Welt mit dieser Erkrankung in Deutschland erliegt. Diese nüchternen Fakten können das unermessliche Leid, das die Familie über Jahre ertragen musste, nicht einmal annähernd erahnen lassen. Halima Alaiyan, die mittlerweile als Orthopädin arbeitet, hat es einmal so formuliert: “Meine Kindheit und Jugend waren geprägt von der Trauer um die verlorene Heimat und vom Hass auf diejenigen, die uns vertrieben haben. Bei einem Besuch im Konzentrationslager in Mauthausen bin ich erstmals mit dem Holocaust in Berührung gekommen. Seither verspüre ich Verständnis für die Juden und ihre Sehnsucht, in einem eigenen Staat zu leben. Ich meine, Palästinenser und Israelis sind sich eigentlich ganz nahe, sie wissen es nur nicht.” In Erinnerung an ihren verstorbenen Sohn gründet sie die Talat Alaiyan-Stiftung und bringt seit 2004 israelische, palästinensische und deutsche Jugendliche in Berlin zusammen. Auf dem Programm stehen u.a. Besuche einer Synagoge, einer Moschee und einer Kirche sowie des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen. Auch diese Beschreibung gibt nicht annähernd wieder, was sich bei diesen Treffen abspielt. Nicht selten wollen die Jugendlichen anfangs nichts miteinander zu tun haben und drohen gar mit Abreise. Und dieselben Jugendlichen sind es dann, die später als Liebespaar unter Trennungsschmerzen leiden. Was soll ich sagen? Auch das sind Schicksale, die unter die Haut gehen – ganz nach dem Motto der Stiftung: “Wo bitte, geht’s zum Paradies?”

Fot.Hali 06  HausAntoninasKindund Talat Juni07 082 (2) (2)                    Halima Alaiyan und ihr verstorbener Sohn Talat.

Sprachlos über Amerika

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind bekanntlich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Jetzt allerdings hat Reuters eine Geschichte recherchiert, die man eher als begrenzte Unmöglichkeit bezeichnen möchte. Wie die Nachrichtenagentur herausgefunden hat, gibt es in Amerika einen Internet-Marktplatz für ungewollte Adoptivkinder, auf dem Pflegeeltern ihre Zöglinge, die sie bereuen aufgenommen zu haben, manchmal wie Haustiere anpreisen und dann an Fremde weiterreichen – an Behörden vorbei und zuweilen auch illegal. “Viele Kinder, die auf diese Weise abgeschoben werden, durchleiden schwere Misshandlungen”, schreibt die Nachrichtenagentur, die im Rahmen ihrer Recherche 5029 Einträge durchgegangen ist, die über einen Zeitraum von fünf Jahren in ein Internet-Forum gestellt wurden. Danach wurde im Schnitt jede Woche ein Kind inseriert. Die meisten waren sechs und 14 Jahre alt, und mindestens 70 Prozent kamen im Ausland zur Welt – in Russland, China, Äthiopien oder der Ukraine. Das jüngste Kind war zehn Monate alt.  “Die Praxis, die in den Gruppen betrieben wird, nennt sich ‘private re-homing’ – ein Begriff, der normalerweise von Haustierbesitzern verwendet wird, die ein neues Herrchen oder Frauchen für ihre Tiere suchen. Ähnlich lesen sich manche Inserate für die Kinder: ‘Geboren im Oktober 2000 – dieser hübsche Junge, Rick, kam vor einem Jahr aus Indien. Er ist gehorsam und bestrebt, gefällig zu sein’, heißt es in einer Anzeige”, so der Reuters-Bericht weiter, der zudem den Internet-Eintrag einer Mutter über ihre zwölfjährige Tochter zitiert: “Ich hätte sie auch einem Serienmörder gegeben, so verzweifelt war ich.” Was soll ich sagen? Da fehlen mir erstmals die Worte …

Freddy sucht seine Familie

Schreckliches ist passiert: Jemand hat seine Familie verloren. Das war in Hamburg, dort wurde er an den Landungsbrücken gefunden. Doch damit nicht genug, dieser jemand weiß nicht einmal, wer er ist und wie er heißt. Seine Pflegefamilie hat ihn Freddy getauft. Was er aber ganz genau weiß, ist, dass er seine Familie sucht. Seine neue (Pflege-)Familie hilft ihm dabei nach Kräften und hat am 5. August 2013 eine Facebook-Seite eingerichtet. Diese Seite ist mittlerweile von über 2 Millionen Menschen aufgerufen worden. Gleichwohl hat sich die Ursprungs-Familie von Freddy, oder wie auch immer er heißen mag, bislang nicht gemeldet. Deshalb beteiligt sich nun auch Opas Blog an der Suche und veröffentlicht den herzzerreißenden Aufruf von Freddy, dem Kuscheltier: “Auch wenn es mir bei meiner Pflegefamilie (in Dresden) gut gefällt, vermisse ich mein Kind und möchte gern wieder zu ihm zurück. Vielleicht kannst genau DU mir helfen. Kennst du eine Familie, die mich als Tröster und Kuscheltier hatte und mich jetzt genauso schrecklich vermisst wie ich sie? Dann melde dich bitte bei meiner Pflegefamilie unter FreddySuchtSeineFamilie@ gmail.com. Ich hoffe soooo sehr auf ein Happy End.” Was soll ich sagen? Helft Freddy und verschickt Links zu diesem Beitrag oder der Facebook-Seite in alle Welt.

Freddy Die Facebook-Seite von Freddy. Screenshot: Opas Blog

Erich Kästner lässt grüßen

Die Bilder, die uns seit Tagen aus den deutschen Hochwassergebieten erreichen, sind erschütternd: Verzweifelte Familien, die alles verloren haben, Menschen, die nicht viel mehr besitzen, als was sie auf dem Leib oder mit ihren Händen tragen. Und inmitten dieses unfassbaren Elends befinden sich Kinder, die all das, was um sie herum geschieht, noch viel weniger verstehen als ihre Eltern. Bundespräsident Joachim Gauck hat bei seinem Besuch in den betroffenen Gebieten passende Worte zu dieser Tragödie gefunden. Deutschland sei ein solidarisches Land. Wer nicht darüber nachdenken müsse, welche Flasche Wein er aufmache oder wie groß der Eisbecher sein solle, der könne das auch mal spenden, oder sogar mehr. Was soll ich sagen? Recht hat er. Es gibt viele Möglichkeiten, zu helfen. Ob über eine der vielen Hilfsorganisationen oder irgendeine örtliche Initiative, wer helfen möchte, kann dies tun. Wer gar persönliche Kontakte in die entsprechenden Regionen hat, kann sogar noch unmittelbarer wirken. Erich Kästner lässt grüßen: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Auch das noch: “Offizieller Sex”

Morgens die Zeitung zu lesen, kann einem wirklich den ganzen Tag, man muss es so drastisch sagen, versauen. Und das war wieder so ein Tag. Als Erstes las ich einen Bericht, nach dem Eltern in Berlin – der Vater 50 Jahre, die Mutter 37 Jahre alt – ihr eineinhalb Jahre altes Mädchen mit vollurinierten Windeln und ohne Trinken alleine im Auto im Parkhaus gelassen haben, um im Fitness-Center zu trainieren – und das am späten Abend bis nach 23 Uhr. Dass sie den Einsatz der Polizei, die das “bitterlich” weinende Kind befreit hatte, indem sie eine Scheibe des Wagens einschlagen haben, “unverhältnismäßig” fanden und “sich erbost über die beschädigte Scheibe und den Tatvorwurf der Körperverletzung” zeigten, kommentiere ich wegen der zu erwartenden juristischen Folgen besser nicht. Als Nächstes stieß ich auf eine Meldung, wonach ein betrunkener Großvater im neuseeländischen Auckland seinen siebenjährigen Enkel ans Steuer gelassen hat, um heile nach Hause zu kommen. Auch hier verkneife ich mir jeden Kommentar. Weniger dramatisch, aber irgendwie unglaublich war das, was zum Schluss kam, da ich die Zeitung danach aus Verzweiflung weggelegt habe: Das türkische Familienministerium hat für Ehepaare des Landes jetzt eine Sex-Anleitung herausgegeben, um, so könnte man meinen, den Kinderwünschen von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, der mindestens drei Kinder pro Familie bei seinen Landsleuten sehen will, mehr Nachdruck zu verleihen. Was soll ich sagen? Zeitung zu lesen, macht wirklich keinen Spaß mehr – und dieser “offizielle Sex”, wie die türkische Zeitung „Hürriyet“ ihn nennt, vermutlich noch viel weniger.

Ein haariges Thema

Das Thema Friseur ist in unserer Familie ein ganz besonders haariges. Das fing schon in meiner Kindheit an. Da wurde ich ob meiner Gegenwehr einfach am Friseurstuhl festgebunden, was nach wie vor zur Folge hat, dass ich heute noch lieber zum Zahnarzt als zum Friseur gehe. Dass meine Mutter mir nachts im Schlaf einfach mal eine Ecke aus meiner Haarpracht herausgeschnitten hat, damit ich endlich zum Friseur gehe, sei nur am Rande erwähnt. Bei unseren Kindern haben wir solche Methoden natürlich nicht angewendet. Mussten wir auch nicht, da sich die beiden ohne Probleme die Haare schneiden ließen. Und dann wurde ja auch noch mit den Freunden Friseur gespielt, mit manchmal ziemlich unansehnlichen Folgen. Einmal hat sich unsere Jüngste ihren Pony vom Nachbarjungen bis auf die Kopfhaut wegrasieren lassen, dass es nicht mehr schön aussah. Aber was soll ich sagen? Gott sei Dank wachsen Haare ja ziemlich schnell nach. Allerdings konnte mich diese Erkenntnis überhaupt nicht trösten, als sich – natürlich wieder – unsere Jüngste ihr Haar kobaltblau gefärbt hat. Toll, oder?

Jesus weinte

Es vergeht kaum noch ein Tag, an dem nicht eine Meldung oder ein Bericht über Kindesmisshandlungen, sexuellen Missbrauch oder Vernachlässigung die Öffentlichkeit schockiert. Der Aufschrei ist zwar laut, aber in den allermeisten Fällen ebenso schnell wieder verhallt, wie er gekommen ist. Wenn man sich die statistischen Zahlen ansieht, kann einem schlecht werden: Jährlich rund 300.000 Fälle von sexuellem Missbrauch, 1,42 Millionen misshandelte Kinder, Vernachlässigungen noch nicht einmal mitgezählt. Angesichts dessen fragt man sich, warum es nur in Berlin ein spezielles Kommissariat (Landeskriminalamt 125) für derartige Fälle gibt. Der Runde Tisch “Sexueller Missbrauch”, den die Bundesregierung eingerichtet hat, ist – und da braucht man nicht einmal besonders kritisch zu sein – das Papier nicht wert, auf dem die jeweiligen Sitzungen protokolliert wurden. Bleiben noch private Initiativen wie “Kinderschreie“, “gegen-Missbrauch” oder “Finger weg von unseren Kindern“, um nur einige wenige zu nennen. Aber all das wirkt vor dem Hintergrund der kaum zu glaubenden Lebenswirklichkeit wie der besagte Tropfen auf dem heißen Stein. Was soll ich sagen? Da fällt mir nur der kürzeste Satz aus Bibel ein: “Jesu weinte.” (Johannes 11,35)

 Finger weg  Grafik: Finger weg von unseren Kindern

Ein Tag offline

Es war schrecklich. Heute konnte ich bis zum Abend nicht auf meinen Blog zugreifen. Da wird einem erst einmal wieder bewusst, wie abhängig wir mittlerweile von der Technik (geworden) sind. Diejenigen, die mit mir über Facebook oder Twitter verbunden sind, habe ich ja kontinuierlich informieren können. Die anderen aber werden sich sicher gefragt haben: Warum gibt es heute von Opa nichts Neues. Nun bin ich wieder online. Was soll ich sagen? Ein Tag offline ist schlimmer als ein Tag Krankenhaus. Dort bin ich nämlich – was Computer und Kommunikation betrifft – immer ziemlich schnell arbeitsfähig und mit der Welt verbunden.

PS: Den ursprünglich geplanten Beitrag gibt es natürlich trotzdem.