Opa wie Papa, nur in alt

Es ist schon etwas her, da war ich wieder zum Geburtstag meines Schwiegersohnes eingeladen. Er ist in den 70ern geboren und hat fast so viele Jahre auf dem Buckel, wie meine Frau und ich uns kennen. Das sind in der Tat schon ein paar Jahre. Die Goldene Hochzeit lässt jedenfalls auch nicht mehr so lange auf sich warten. Doch das ist eine andere Geschichte. Bleiben wir bei der Geburtstagsfeier, zu der mein Schwiegersohn – wie jedes Jahr – seine Freunde eingeladen hatte. Insofern kenne ich die meisten und die meisten kennen auch mich. Vor allem mit einem von ihnen komme ich immer gleich ins Gespräch und amüsiere mich prächtig. Und er offensichtlich auch. Denn meine Töchter erzählten mir, dass er sich ausgesprochen anerkennend über mich geäußert und Folgendes gesagt habe: „Der ist ja genauso wie wir, nur dreißig Jahre älter.“ Was soll ich sagen? Da kannste nicht meckern, würde der Berliner sagen, zumal dieses Kompliment in etwas anderer Form bereits von einem meiner Enkel so geäußert worden war. Der hatte schon vor Jahren einmal festgestellt: „Opa ist ja wie Papa, nur in alt.“

Unser neuer Kitchen-Keeper

Als Maître de Cuisine hat man normalerweise einen Souschef. Andere Kochkünstler versuchen es zuweilen mit einer Küchenfee oder Küchengeistern. Auch Zauberkochlöffel sollen hier und da zum Einsatz kommen. Kochgenies lassen sich eben etwas einfallen. Mir wurde die Entscheidung sozusagen abgenommen. Denn bei uns ist jetzt ein Weihnachtswichtel in Gestalt eines Koches hereingeschneit, der in unserer offenen Küche den Kitchen-Keeper mimt. Was soll ich sagen? Meine liebe Frau hat dem kleinen Kerl auch gleich einen Spitznamen verpasst. WiKo soll er fortan heißen, abgeleitet von Wichtelkoch. Ich hätte ihn vielleicht KiKo genannt, in Anlehnung an unser Projekt KINDER | KOCHEN, das in diesem Jahr nach Corona hoffentlich seinen Betrieb wieder aufnehmen kann. Dann hätte er sich als Talisman nicht nur eine Haube, die hat er ja schon, sondern gleich mehrere Michelin-Sterne verdient. Also Daumen halten!

Führung? Wo?

“Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch”, so ziemlich vollmundig Bundeskanzler Olaf Scholz vor nicht allzu langer Zeit. Wenn ich mich richtig erinnere, dann hat Deutschland am 26. September 2021eindeutig Führung beim Spitzenkandidaten der SPD bestellt und der Partei mit 25,7 Prozent einen eindeutigen Führungsauftrag erteilt. Nun gut, bereits in den vergangenen 13 Monaten hätte man sich an der einen oder anderen Stelle ein wenig mehr Führung vom Regierungschef gewünscht. Aber heute, an dem Tag, an dem die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt über die deutschen Streitkräfte ihren Rücktritt erklärt und damit die Bundeswehr führungslos zurückbleibt, lässt der Kanzler weiter auf sich warten: “Ich habe eine klare Vorstellung”, sagt Scholz dazu lediglich, während rund 1.200 Kilometer entfernt in Europa ein Krieg tobt, den Russland brutal wie verantwortungslos gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen hat. Und man muss wahrlich nicht viel Fantasie aufbringen, um sich vorzustellen, wie schnell die kriegerischen Handlungen näher an Deutschland heranrücken können. Was soll ich sagen? Ich habe fast mein ganzes bisheriges Leben u.a. darauf verwendet, dazu beizutragen, dass unser Land weiter in Frieden und Freiheit leben kann. Dafür habe ich 1972 bis 1974 eine Wehrdienstzeit von 24 Monaten absolviert und danach bis 2004 rund 30 Monate Wehrübungen abgeleistet und es dabei, das sage ich nicht ohne Stolz, zum Oberstleutnant der Reserve gebracht. Was für meine Frau, die Niederländerin ist, eine völlige Selbstverständlichkeit war, haben nicht wenige deutsche Landsleute mit Kopfschütteln quittiert. Das hat sich über die Jahre fortgesetzt und der Bundeswehr einen Imageverlust beigebracht, was seinen traurigen Höhepunkt heute darin erfuhr, dass der Bundeskanzler nicht in der Lage war, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für eine der wohl schwächsten Besetzungen dieses so wichtigen Ressorts präsentieren zu können. Das haben unsere Streitkräfte und die Soldatinnen und Soldaten nicht verdient. Es ist aber leider ein sichtbares Zeichen dafür, dass Deutschland 2023 weder verteidigungswillig noch verteidigungsfähig ist.

Deutschland 2023!

Es sollte eine historische Mission werden. Doch es kam anders und demonstrierte einmal mehr, dass in Deutschland so ziemlich alles in die Hose gehen kann. Doch fangen wir von vorne an. Irgendwann Mitte Dezember 2022 machte eine Nachricht die Runde, von der noch im April des Jahres selbst Alexander Edenhofer, Pressesprecher der Deutschen Post, noch nichts wissen wollte: „Wir überprüfen regelmäßig, welche unserer Produkte wie rege nachgefragt werden und ziehen daraus die notwendigen Rückschlüsse“, erklärte er gegenüber der Zeitschrift Capital, als diese der Frage nachging, wie lange es in Deutschland wohl noch das Telegramm geben werde. Denn in Indien, Frankreich, Österreich, der Schweiz oder seit 2021 auch in Ungarn gibt es das Telegramm nicht mehr. Und auch in Deutschland waren viele der Dienstleistungen, die das Telegramm hierzulande einmal besonders machten, mit den Jahren dem Rotstift zum Opfer gefallen. Seit 2018 konnten Kunden ihren Gruß nicht mehr sonntags zustellen lassen oder ins Ausland schicken. Die einst große Auswahl bei den Schmuckblättern war auf fünf Motive geschrumpft. Insofern schien es Fachleuten nur noch eine Frage der Zeit, wann auch das Telegramm in Deutschland das Zeitliche segnen würde. Und tatsächlich, kurz vor Weihnachten kündigte die Deutsche Post an: Am Jahresende ist Schluss. Auf der Webseite heißt es jetzt: Das Produkt Telegramm wurde leider zum 31.12.2022 eingestellt, da die Nachfrage nach diesem Produkt auf Privatkundenseite in den letzten Jahren immer mehr gesunken ist. Das sollte sich so kurz vor Toresschluss noch einmal ändern. Wie offensichtlich andere auch kam ich auf die Idee, ein letztes Telegramm aufzugeben, sozusagen als Reverenz an eine altehrwürdige Institution. Also setzte ich mich an meinen Mac, rief die Telegramm-Seite im Webauftritt der Deutschen Post auf und gab den Text ein. 132 Zeichen umfasste die Nachricht, die ich an Oma und mich adressierte. Das Minitelegramm – ohne Schmuckblatt wohlgemerkt – kostete 12,90 €. Ein stolzer Preis, wenn man bedenkt, dass ein Brief nur 0,85 € kostet – und der wäre, wenn die Deutsche Post ihr Versprechen der Brieflaufzeit von E+1 (Einwurftag + 1 Werktag) gehalten hätte, bereits am nächsten Tag zugestellt worden. Mein Telegramm indes ließ auf sich warten. Am 31. Dezember jedenfalls klingelte der Postbote nicht, um das Telegramm persönlich zu übergeben. Auch am ersten Werktag nach dem Jahreswechsel, also am Montag, 2. Januar 2023, warteten wir vergebens. Auch die Sendungsverfolgung ließ uns lediglich wissen: Nichts Genaues weiß man nicht! Zwischenzeitliche Versuche, jemanden bei der Deutschen Post zu erreichen, scheiterten kläglich. Erst bei der Post-Pressestelle Berlin konnte ich einen Ansprechpartner finden, der mir zudem das Gefühl gab: Ich kümmere mich – und hat es auch getan. Heute dann überschlugen sich sozusagen die Ereignisse: Während der Postmann klingelte und Oma das Telegramm aushändigte und dabei eingestand, dass eigentlich niemand so genau gewusst habe, wie man mit einem Telegramm umgeht, erhielt ich von meinem Pressekontakt per E-Mail die Nachricht: „Ihr Telegramm befindet sich aktuell in der Zustellung. Wir bitten die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Kurz vorm Jahreswechsel gab es noch einmal einen Run auf Telegramme. Mutmaßlich hatten viele Kundinnen und Kunden die gleiche Idee wie Sie. In Einzelfällen hat dies zu Verzögerungen geführt. Sie sind betroffen.“ Was soll ich sagen? Geschwindigkeit ist keine Hexerei. Jedenfalls war das Telegramm 3 Tage, 21 Stunden und 35 Minuten unterwegs – eine stattliche Zeit, wenn man an die Brieflaufzeit denkt. Aber das ist jetzt alles Geschichte. Und worauf konzentriert sich die Deutsche Post nach der Einstellung dieses fast 180 Jahre alten telegrafischen Nachrichtenkanals? Sie setzt „auf die Weiterentwicklung unserer erfolgreichen individualisierbaren Produkte, wie etwa die ‘Briefmarke Individuell‘“, offenbarte jüngst eine Postsprecherin dem ZDF. Okay: Digital war gestern. Es lebe die gute, alte, analoge Zeit. Deutschland 2023!

Alles Gute für 2023

Oma und ich wünschen allen für 2023 privates Glück, beruflichen Erfolg und vor allem Gesundheit. Und wir geben die Hoffnung nicht auf, dass die Menschheit Mittel und Wege findet, die großen Probleme der Welt – Krieg, Flucht, Hunger und Armut sowie Klimawandel – in den Griff zu bekommen.