Genie und Wahnsinn

Heute mal was Kurzes: Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht und wie Sie so drauf sind. Ich für meinen Teil fühle mich manchmal wie Albert Einstein, dem der Satz zugeschrieben wird: „Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.“ Was soll ich sagen? Ich kann das gut nachempfinden. Oma indes sagt: “Bei Dir merkt man, wie dicht Genie und Wahnsinn beieinander liegen können.” Ich weiß ja nicht. Aber irgendwie fühle ich mich doch ein wenig verkannt.

Revolution frisst ihre Kinder

Die digitale Revolution ist in vollem Gange, auch in Deutschland, das in Sachen Digitalisierung ja nicht gerade zu den Spitzenreitern im weltweiten Vergleich zählt. Aber immerhin: Stand 2018 nutzten 57 Millionen Menschen in Deutschland ein Smartphone. In der Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen sind die iPhones von Apple und die vergleichbaren Geräte von Samsung, Huawei oder welchem Hersteller auch immer mit einem Nutzeranteil von über 95 Prozent nicht mehr wegzudenken. Aber wie das bei Revolutionen so ist, irgendwann fressen sie ihre eigenen Kinder. Jedenfalls gibt es erste Anzeichen dafür in Berlin-Neukölln zu sehen. Im Schaufenster eines Cafés steht zu lesen: SORRY NO WIFI TALK TO EACH OTHER AND GET DRUNK! Was soll ich sagen? Miteinander zu reden, ist sicher nicht die schlechteste Idee. Und überhaupt: Ab einem gewissen Alkoholspiegel ist die Nutzung eines Smartphones ohnehin problematisch, weil man die Buchstaben in der Tastatur nicht mehr so sicher treffen kann. Und die Autokorrektur … aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.

Keine schlechte Idee: Miteinander reden!

Schöne Schultern

Es gibt Szenen in Filmen, die sie sind so bärenstark, dass man sie sich gar nicht oft genug anschauen kann. Letztens war es wieder soweit, als Kommissar Adam Danowski Premiere im ZDF hatte. Der etwas schrullige Ermittler, der einen in der Tat an Colombo erinnert, leidet: Nicht an einem Tumor, wie man bis weit über die Hälfte des Films glaubt, sondern an Hypersensibilität. Das bedeutet, wie er seinem Kollegen in unnachahmlicher Weise schildert, dass zu viele Eindrücke ungefiltert auf ihn einstürmen und er Mühe hat, sie zu ordnen und zu verarbeiten. Deshalb ist er auch schneller gestresst als andere und überfordert. Seine Festplatte läuft heiß, zu viel Informationen: Sein System kollabiert. Doch Gott sei Dank hat ihm der Amtsarzt etwas verordnet: Eine Rosine fürs Achtsamkeitstraining. Wenn Danowski alias Milan Peschel sich auf sie konzentriert, fährt seine Festplatte runter. Man muss das einfach gesehen haben. Dieser Dialog ist für die Ewigkeit, wobei ich den absoluten Höhepunkt noch nicht einmal erwähnt habe. Denn nachdem der LKA-Mann die Wirkungsweise der Rosine geschildert hat, kommt der Satz aller Sätze, garniert mit einem einmaligen Lächeln: „Aber Du solltest mal Franka sehen, meine Therapeutin. Die hat schöne Schultern.“ Was soll ich sagen? Was Besseres als die Antwort seines von Andreas Döhler gespielten Kollegen „Finzi“ fällt mir da auch nicht ein: „Auf was Du alles achtest, Schultern …“ Wer sich von der Genialität selbst überzeugen will, sollte sich beeilen. Noch ist „Blutapfel“ in der ZDF-Mediathek abrufbar. Wer schnell zum Punkt kommen will: Den Dialog gibt’s zwischen 48:28 und 49:47. Und wer sich selber ein Bild von Dr. Franka Simon (Anna Schäfer) machen will, muss nur etwas vorspulen: 01:18:52. Auch an dieser Stelle soll „Finzi“ das letzte Wort haben: „Schöne Schultern.“