Der Karneval 2015 hat heute mit dem Rosenmontag seinen Höhepunkt erreicht. In Düsseldorf, Köln und Mainz gehen die Jecken auf die Straßen, um die großen Umzüge zu begleiten und ausgelassen zu feiern. Ausgelassen? Nach den Anschlägen von Kopenhagen und der sicherheitsbedingten Absage des Karnevalsumzuges in Braunschweig ist das die Frage. Mehr noch: Allerorten hängt wie ein Damoklesschwert die Frage über den Köpfen der Menschen, ob es sich lohnt, im Kampf für die Freiheit allzu große Risiken einzugehen, vor allem dann, wenn die Risiken unabsehbar sind. Bei der Beantwortung dieser für wahr schicksalshaften Frage lohnt ein Blick in die Geschichte: In der griechisch-römischen Antike war die Freiheit (Libertas) kein Allgemeingut, sondern ein Privileg von Gebildeten und Oberschichten, denen die unfreien Sklaven und unterworfenen fremden Völker gegenüberstanden. Der Freiheitsbegriff, wie er dem heutigen Verständnis zugrunde liegt, wurde erst durch die Aufklärung entwickelt. Eine Aussage, die Voltaire (1694–1778) zugeschrieben wird, verdeutlich vor allem das Prinzip der Meinungsfreiheit: „Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt.“ Für Immanuel Kant (1724-1804) war Freiheit nur durch Vernunft möglich und erfährt ihre Grenzen an der Freiheit anderer: „Niemand kann mich zwingen auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit Anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (d.i. diesem Rechte des Andern) nicht Abbruch thut.“ Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (französisch: liberté, égalité, fraternité) waren die Ideale der Französischen Revolution, ohne die es die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 so wohl nicht gegeben hätte. Und es ist sicherlich auch kein Zufall, dass die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen 1948 in Paris genehmigt und verkündet wurde und in Artikel 1 lautet: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Wie viel Blut dafür geflossen ist, dass dieses Recht derart verbrieft ist, kann und mag sich sicher niemand vorstellen. Und so scheint Freiheit insbesondere für uns, die wir in Wohlstand und Frieden auf der Sonnenseite des Lebens leben, selbstverständlich zu sein. Ist sie aber nicht. Weltweit, so die Schätzungen der australischen Stiftung Walk Free Foundation, gibt es 30 Millionen Menschen, die in Sklaverei leben. Von denen, die in Armut und in Kriegsgebieten leben, ganz zu schweigen. Was soll ich sagen? Wenn ich da an meine Kinder und Enkelkinder denke, finde ich schon, dass es lohnt, für ein Leben in Frieden und Freiheit zu kämpfen und auch Risiken einzugehen. Wie hat es der deutsche Journalist Gerd Ruge einmal so treffend auf den Punkt gebracht: „Ohne Freiheit ist alles nichts.“
Die Freiheit führt das Volk: Ein Gemälde des französischen Malers Eugène Delacroix.
Mit diesem Gemälde bin ich aufgewachsen – es hing bei meiner Großtante/meinem Großonkel über dem Ehebett.
Beide waren im Widerstand gegen das Naziregime und verbanden das Gemälde mit Rosa Luxemburg: “Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.”
Sind wir denn wirklich frei?
Was ist Freiheit wirklich und wo gibt es diese Freiheit?
Nach Jean-Jacques Rousseau liegt die Freiheit des Menschen nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.