Es ist offensichtlich gar nicht so einfach, Kindern zu erklären, dass sie nicht mit Fremden mitgehen sollen. Wie wir, Oma und ich, das mit unseren gemacht haben, weiß ich gar nicht mehr. Aber wir erleben gerade die ersten Versuche unserer jüngsten Tochter und ihres Mannes. Der warnte vor nicht allzu langer Zeit seinen Sohn, dass er niemals mit fremden Leuten mitgehen dürfe. „Denn ansonsten stehlen die dich und sperren dich vielleicht in den Keller, und du darfst nie wieder Mama und Papa sehen“, fügte er vorsorglich hinzu: „Also niemals mit Fremden mitgehen, und ansonsten so laut schreien wie du kannst.“ Wenig später kam der Kleine zu seiner Mutter und sagte ganz stolz. „Mama, guck mal, hab ich ganz alleine gebaut.“ Sie: „Ach, eine Polizeistation, und das ist sicher das Gefängnis.“ Er: „Nein, da liegen alle im Keller, weil sie mit Fremden mitgegangen sind …“ Was soll ich sagen? So werden Geschichten verarbeitet. Was der Arme wohl in der Nacht geträumt hat?
Kein Gefängnis, sondern ein Keller mit denen, die mit Fremden mitgegangen sind.
Die meisten Übergriffe passieren im sozialen Nahbereich (Verwandte, Freunde, Bekannte) – von daher bringt der Satz “geh nicht mit Fremden” für eine solche Situation nichts – außer für die Eltern, die sich damit selbst beruhigen.
Inzwischen gibt es einige Bücher, die helfen mit Kindern ins Gespräch zu kommen.
“Kein Küßchen auf Kommando” wäre ein Titel oder für Grundschulkinder von Ora L. Waechter “Heimlich ist mir unheimlich”. Wenn Kinder lernen, daß ihre Grenzen respektiert werden, sie ihren Gefühlen vertrauen dürfen und keine Berührungen gegen ihren Willen dulden müssen, dann ist mehr gewonnen als mit dem Satz “geh nie mit einem Fremden”.
Die Pionierorganisation ZARTBITTER für dieses Thema hat eine sehr ergiebige Internetseite.
Danke für den Hinweis auf die ausgesprochen interessante Website.
Bei der Geschichte musste ich lächeln. Genau auf den Punkt gebracht. Aber andererseits haben die Eltern ja auch nichts von der Polizei erzählt. Habe ich bei meinen Kindern auch öfter erlebt – sie nehmen immer alles wörtlich und erinnern mich öfters als mir lieb ist an meine eigene Worte… Ich persönlich finde aber solche Drohungen in der Art und Weise ein wenig übertrieben (wobei ich auch keine bessere Lösung parat habe). Bei Medizin zB habe ich das Problem, dass man den Kindern so oft auch drohen kann, dass ihnen sonst schlecht wird, wenn die vom Arzt verschriebene Medizin nicht eingenommen wird, sie sie trotzdem nicht nehmen wollen.
Wie man’s macht, ist’s verkehrt.