Gute Tischgespräche

Oma bekommt von einer guten Freundin jeden Tag einen elektronischen Gruß, der sie aufheitern und ihr ein Lächeln ins Gesicht zaubern soll. Heute hat diese Freundin mit einem Screenshot von einem Kalenderblatt – gewiss, ohne sich dessen bewusst zu sein – den Vogel abgeschossen. Das Blatt von Sonntag, 10. Dezember, soll ein Zitat des verstorbenen US-amerikanischen Schauspielers Walter Matthau zeigen, das da lautet: „Für gute Tischgespräche muss das Beste auf die Stühle kommen.“ Nachdem ich mich, wie viele ja wissen, vornehmlich für das verantwortlich fühle, was auf den Tisch kommt, fühlte ich mich irgendwie angesprochen und habe über die Aussage nachgedacht. Dabei kam ich zu dem Ergebnis, dass ein gutes Essen in der Tat ein kommunikatives Ereignis ist, bei dem gute Gespräche unabdingbar sind. Insofern dachte ich, dass das auch ein Thema für Opas Blog sein könnte und recherchierte erst einmal, ob das Zitat auch so stimmt und tatsächlich von Matthau stammt. Das Erste, was ich u.a. bei zitate-online.de herausfand, war, dass das Zitat offensichtlich einen etwas anderen, aus meiner Sicht sogar noch besser formulierten Wortlaut hat, und zwar: „Für ein gutes Tischgespräch kommt es nicht so sehr darauf an, was sich auf dem Tisch, sondern was sich auf den Stühlen befindet.“ Das Beste aber auf besagter Webseite sind die Kommentare, die es zu dem Zitat gegeben hat. Zunächst äußert sich Ingrid Z. und freut sich: „Diese Aussage finde ich einfach klasse!!! – Und so treffend!“ Dies wiederum regt Muttzier zu folgendem Kommentar an: „…was sich auf dem Tisch befindet, ist schon auch wichtig, denn auch daran kann man beim Verzehr erkennen, wer sich auf den Stühlen darum befindet.“ Das kann H. Schmid natürlich nicht so stehen lassen und merkt sozialkritisch an: „Die meisten Menschen auf der Erde essen mit den Fingern. Schätzungen beziffern die Benutzer von Messer und Gabel weltweit auf etwa 900 Millionen, von Essstäbchen auf ca. 1,2 Milliarden, der Finger auf etwa 4,2 Milliarden.“ Dies fordert nun Muttzier heraus, der kontert: „Man kann auch stilvoll mit den Fingern essen, auch in einem Kral in Afrika. – Nur, es gibt diese ‘Möchtegerne’, die nicht einmal das beherrschen, geschweige denn gute Tischgespräche.“ Nun möchte Ingrid Z. offensichtlich die Wogen glätten und führt in die Diskussion ein: „Wie gut haben es da die Japaner (oder auch die Chinesen?), die sich kniend am Tisch befinden…“ Doch H. Schmid ist nicht zu beruhigen und poltert zurück: „Ja, sie lieben es so sehr, daß sie gerne auf diese Sitzposition verzichten. Männer sitzen meist sofort im Schneidersitz. Während man von den Frauen erwartet, dass sie die traditionelle Sitzposition auf den Knien einnehmen; von der sie aber bald darauf die Beine seitlich abwinkeln, was deutlich bequemer ist.“ Nun entwickelt sich ein Rededuell, auf dessen Darstellung ich verzichten will, zumal es über zwei Tage geht. Doch dann ist es an Windsandale, der am 21. November 2009 um 14.22 Uhr den Schlussakkord mit einem Gedicht von Heinrich Heine über (Tee-)Tischgespräche setzt:

Sie aßen und tranken am Teetisch,
Und sprachen von Liebe viel.
Die Herren waren ästhetisch,
Die Damen von zartem Gefühl.

Die Liebe muß sein platonisch,
Der dürre Hofrat sprach.
Die Hofrätin lächelt ironisch,
Und dennoch seufzet sie: Ach!

Der Domherr öffnet den Mund weit:
Die Liebe sei nicht zu roh,
Sie schadet sonst der Gesundheit.
Das Fräulein lispelt: Wie so?

Die Gräfin spricht wehmütig:
Die Liebe ist eine Passion!
Und präsentieret gütig
Die Tasse dem Herrn Baron.

Am Tische war noch ein Plätzchen;
Mein Liebchen, da hast du gefehlt.
Du hättest so hübsch, mein Schätzchen,
Von deiner Liebe erzählt.

Was soll ich sagen? Manchmal stimmt es eben doch: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Doch das ficht Senftopf nicht an. Fast genau auf den Tag zwei Jahre später schlägt er sich sozusagen auf die Schenkel: “Hahahahah, das ist gut!!” Und damit ist immer noch nicht Schluss. Wer sich die gesamte Diskussion antun möchte, kann dies gerne hier tun: https://www.zitate-online.de/sprueche/allgemein/18532/fuer-ein-gutes-tischgespraech-kommt-es-nicht.html#kommentar. Währenddessen fragt sich Oma immer noch, ob sie einen von den Diskutanten bei sich am Tisch haben möchte – egal ob sitzend, kniend oder liegend.

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