Doppelt so wenig

Die deutsche Sprache ist in der Tat nicht immer einfach. Vor allem Kinder haben manchmal so ihre Schwierigkeiten, Sinn und Unsinn zu erkennen. Und in der Tat ist ja nicht einzusehen, warum es das Wort barfuß gibt, aber nicht das Wort schuhfuß. Ebenso kann man sich fragen, warum doppelt so wenig nicht wirklich Sinn macht. Der ehemalige deutsche Fußball-Nationalspieler würde jetzt im Brustton der Überzeugung sagen: „Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken.“ Was soll ich sagen? Wie wichtig eine genaue Ausdrucksweise sein kann, hat der Sketch von Iris Berben und Dieter Krebs bewiesen, der mittlerweile als Klassiker der Comedy gilt: Ein ältliches Ehepaar sitzt stumm im Wohnzimmer. Plötzlich erzählt sie: “Als ich aus dem Fenster schaute, graute der Morgen.” Da blickt er von seiner Zeitung auf und verbessert: “Dem Morgen.”

Politik – ganz einfach erklärt

Eigentlich ist die Geschichte ja schon uralt und bereits über die sozialen Netzwerke viral gegangen. Umso erstaunter war ich, dass niemand sie kannte, als ich sie jüngst in einer familiären Runde zum Besten gab. Dabei geht es in dieser Geschichte im Grunde um eine ganz einfache Frage, die ein Sohn gegenüber seinem Vater formuliert, nachdem er aus der Schule kam, in der gerade mit dem Staatsbürgerunterricht begonnen worden war: „Papa, kannst Du mir erklären, was Politik ist?“ „Also, pass mal auf“, erwidert der Vater, „ich bringe das Geld nach Hause. Ich bin das Kapital. Deine Mutter verwaltet das Geld und gibt es auch wieder aus. Sie ist die Regierung. Dein Großvater, der noch bei uns lebt, passt auf, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Er ist die Gewerkschaft. Und Anna, die bei uns im Haushalt hilft und lebt, ist die Arbeiterklasse. Für wen tun wir das? Für Dich. Du bist das Volk. Und Dein kleiner Bruder, der noch in den Windeln liegt, ist die Zukunft. Hast Du das verstanden?“ Der Sohn kratzt sich am Kopf, überlegt einen Moment und sagt: „Ich glaube, da muss ich noch einmal eine Nacht drüber schlafen.“ Dann geht er ins Bett. Nachts wird er wach, weil sein Bruder in die Windeln gemacht hat und schreit. In seiner Not steht er auf und geht ins Schlafzimmer seiner Eltern. Dort aber liegt nur seine Mutter, schnarcht und schläft so fest, dass er sie gar nicht wach bekommt. Also geht er zur Anna, die aber mit seinem Vater im Bett liegt, während sein Opa von draußen durchs Fenster zuschaut. Da reicht’s dem kleinen Mann. Er legt sich wieder ins Bett und schläft. Am nächsten Morgen beim Frühstück fragt ihn sein Vater: „Na, hast Du jetzt kapiert, was Politik ist?“ „Ja, sagt der Sohn, das hab’ ich begriffen. Also: Das Kapital missbraucht die Arbeiterklasse. Die Gewerkschaft schaut zu. Und die Regierung schläft. Das Volk wird ignoriert und die Zukunft liegt in der Scheiße.“ Was soll ich sagen? So kann’s gehen, wenn das Leben die Regie übernimmt. Oder: Erstens kommt es, zweitens anders und drittens als man denkt …

PS: Dies ist ein fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sowie Gegebenheiten sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.