Oma liebt die Venus von Botticelli. Als Oma und ich 2001 – unmittelbar nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center in New York – in Florenz waren, mussten wir nicht einmal anstehen, um in die Uffizien zu kommen, sondern konnten vom Eingang aus sozusagen bis zur Venus durchstarten. Jetzt kommt die Venus sogar nach Berlin. Vom 24. September 2015 bis 24. Januar 2016 zeigt die Gemäldegalerie die Ausstellung „The Botticelli-Renaissance“. Erstmals wird das Werk Sandro Botticellis – mit mehr als 40 Originalen – in einer Ausstellung in Bezug gesetzt zu seinen Aneignungen und Interpretationen. Insgesamt sind über 130 Exponate zu sehen, darunter zahlreiche Meisterwerke aus den bedeutenden Sammlungen der Welt, beispielsweise von Edgar Degas, Edward Burne-Jones, Dante Gabriel Rossetti, René Magritte, Andy Warhol, Cindy Sherman und Bill Viola. Neben Gemälden präsentiert die Ausstellung Zeichnungen, Skulpturen, Fotografien, Videos sowie Objekte aus Mode und Design. Und zu sehen ist auch eine Interpretation der in Mailand lebenden japanischen Künsterin Tomoko Nagao, die in einem Digitaldruck Botticellis Geburt der Venus mit einer durch die Werbeindustrie allgegenwärtigen Warenwelt verschränkt und zugleich mit der Anmutung der Computerspiel-Industrie verfremdet. Venus entsteigt nicht, wie in Botticellis Original, einer Leben spendenden Muschel, sondern einer portablen Spielkonsole, die inmitten von Konsummarken wie EasyJet oder Barila liegt. Was soll ich sagen? Ich als Kulturbanause halte mich da mal raus und lasse lieber Oma zu Wort kommen, die als Malerin und leidenschaftliche Kunstliebhaberin mit dieser Interpreation so ihre Probleme hat. Als die Nagao-Venus letztens auf der Rückseite von „Museum“, worin die Staatlichen Museen zu Berlin ihre Ausstellungen und Veranstaltungen für Juli, August und September ankündigen, sozusagen als Playmate für die Botticelli-Ausstellung warb, war Oma ziemlich am Boden zerstört: „Wie gut, dass Botticelli das nicht mehr erleben muss.“ Das ist wohl echte Leidenschaft, die Leiden schafft …
Sandro Botticelli: Venus, 1490 | Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders
Tomoko Nagao: Botticelli – The Birth of Venus with Baci, Esselunga, Barilla, PSP and EasyJet, 2012 | Tomoko Nagao
Pingback: DieSchönheit der Venus | Opas Blog
Scheußlich sieht das ja aus.
Ich bin genauso entsetzt, wie Oma.
Wie kann man so ein Kunstwerk nur so verschandeln?