Auf einer Insel der Glückseligen

So unangenehm dieser Tage das Leben angesichts von Corona auch ist, verglichen mit früheren Zeiten leben wir wie auf einer Insel der Glückseligen. Oder anders ausgedrückt: Von wegen war früher alles besser! Noch im frühen 19. Jahrhundert verstarben 50 Prozent aller Kinder, bevor sie überhaupt das Erwachsenenalter erreichten. Mit der Verbesserung von Hygienemaßnahmen und medizinischer Versorgung wurde es langsam besser. Der richtige Durchbruch allerdings gelang erst, als die Medizin das Impfen entdeckte. Dabei war die Pockenimpfung die erste erfolgreiche Immunisierung. Anfang des 20. Jahrhunderts lag die Kindersterblichkeit nur noch bei 16 Prozent. Heute sind es gerade einmal 0,38 Prozent, die das Erwachsenenalter nicht erreichen, wobei hier nicht mehr Infektionskrankheiten die Hauptursache sind. Vielmehr sterben vor allem extreme Frühchen, was nicht selten mit Alkohol- und Nikotin-Missbrauch in der Schwangerschaft zu tun hat. Was soll ich sagen? Die Wissenschaftsjournalistin Angelika Franz, die dankenswerterweise diese Fakten zusammengetragen hat, hat ein Ende für ihren Artikel gefunden, den ich an dieser Stelle gerne zitiere, um diesen Beitrag gleichermaßen zu beenden: „Wenn Sie also Kinder haben, dann sind diese jetzt, wo sie bereits geboren sind, relativ sicher vor dem Tod durch viele Infektionskrankheiten. Gehen Sie doch gleich einmal zu ihnen hin und nehmen Sie sie fest in den Arm.“ Besser hätte die Journalistin mir nicht aus der Seele sprechen können.

Der Durchbruch beim Rückgang der Kindersterblichkeit gelang erst mit der Entdeckung des Impfens.

Selbst und ständig

Ein Bericht der Welt hat es heute (wieder einmal) zu Tage gefördert: Selbstständigkeit bedeutet Selbstausbeutung. Jedenfalls bewegt sich die wöchentliche Arbeitszeit in Größenordnungen, die selbst bei ganz hartgesottenen Gewerkschaftern sofort Herzrasen auslösen würden. Denn das haben die Experten des Statistischen Bundesamtes herausgefunden: Für sage und schreibe 52 Prozent aller Selbstständigen ist es völlig normal, 49 Stunden oder mehr pro Woche zu schuften. So viele Stunden im Büro verbringen gerade einmal sieben Prozent der Arbeitnehmer im Vollzeitvertrag. Auch Opa kann davon ein Lied singen, das da lautet: Selbst und ständig. Dafür muss man sich dann vorhalten lassen, dass ja der Kipplaster mit dem Geld mehrmals am Tag vorfährt und die Kohle ablädt. Schön wär das ja, aber leider ist dem nicht so. Während zwar einige mit viel Arbeit auch viel Geld verdienen, kämpfen andere Selbstständige mit Einkommen, die gelegentlich nicht einmal oberhalb der Grundsicherung liegen. Das geht sogar soweit, dass Sozialverbände es mittlerweile für geboten halten, Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung zu integrieren, damit in dieser Bevölkerungsgruppe keine Altersarmut um sich greift. Was soll ich sagen? Damit mich niemand falsch versteht: Ich will mich nicht beschweren! Ich liebe meine Selbstständigkeit. Ich arbeite auch gerne und viel. Und ich zahle auch gerne und viel Steuern und Abgaben(, weil ich ansonsten nämlich nichts verdienen würde.) Aber was ich mittlerweile hasse wie die Pest, ist der Umstand, dass ich mich immer wieder für mein kapitalistisches Dasein entschuldigen muss. Ich werfe ja auch niemandem vor, dass er sich in die soziale … Ach lassen wir das und freuen uns auf ein arbeitsames bzw. arbeitsfreies Wochenende – je nachdem.

Die Zukunft unserer Kinder

Irgendwie ist es erschreckend: Seit gestern leben wir auf unserer Erde sozusagen auf Pump, denn wir haben in diesem Jahr bereits mehr an Ressourcen für Nahrung, Wasser oder Energie verbraucht, als die Erde im ganzen Jahr regenerieren kann. Erdüberlastungstag heißt der Tag, der im Kalender im weiter nach vorne rückt. Im Jahr 2000 war es noch der 1. Oktober, vergangenes Jahr der 13. August, jetzt ist es der 8. August. Läuft es weiter wie bisher, sind die Ressourcen im Jahr 2030 schon am 28. Juni aufgebraucht. Das bedeutet, dass dann zwei Planeten nötig wären, um unseren Bedarf nachhaltig zu decken, 2050 wären es sogar schon fast drei. Was soll ich sagen? Früher hieß es noch: Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen. Heute sieht es eher danach aus: Wir verfrühstücken die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder. Dabei brauchen wir in Deutschland gar nicht auf andere zu zeigen. Unser ökologisches Länderkonto haben wir bereits am 28. April überzogen. So häufen wir Jahr für Jahr neue Schulden an. Wenn es uns nicht bald gelingt, einen echten Kurswechsel einzuleiten, dann werden unsere Kinder und deren Kinder eine ziemlich üble Zeche zu zahlen haben. Eigentlich müssten wir uns alle schämen.

globe_east_2048Wir haben in diesem Jahr bereits mehr Ressourcen verbraucht, als die Erde im ganzen Jahr regenerieren kann.                                                                               Foto: NASA

Von wegen trautes Heim

Trautes Heim, Glück allein – von wegen. Die meisten Unfälle passieren zu Hause. Dem fallen jährlich mit rund 9.000 Toten weit mehr als doppelt so viele zum Opfer wie im Straßenverkehr mit etwa 3.500 Unfalltoten. Bei den Verletzten ist das Verhältnis noch krasser. Da stehen knapp 400.000 Opfer im Straßenverkehr 2,8 Millionen im häuslichen Bereich gegenüber. In beiden Fällen sind die Opfer im Freizeitbereich noch nicht einmal eingerechnet. Die Ursache ist relativ eindeutig: “Es ist der Faktor Mensch, der die Sicherheit zu Hause bestimmt. Das beginnt beim Bau, reicht über die Ausstattung mit geprüften Elektrogeräten, Spielzeug und Möbelstücken bis zum Gefahrenbewusstsein der Bewohner”, heißt es in einem Bericht in der jüngsten Ausgabe des Magazins DEKRA solutions. Besonders gefährdet seien Senioren. “Die Gefahr, sich zu Hause zu verletzen, ist bei ihnen drei Mal größer als die Wahrscheinlichkeit eines Autounfalls”, schreibt Autorin Regina Weinrich. Was soll ich sagen? Es ist denn wohl so, wie es der deutsche Immunbiologe und Aphoristiker Gerhard Uhlenbruck formuliert hat: Der Blauäugige kommt selten mit einem blauen Auge davon. Seien Sie also vorsichtig!

Grafik_Sicherheit_zu_HauseDie meisten Unfälle passieren zu Hause.          Infografik: Niko Wilkesmann/Dekra solutions

Endlich mal Ruhe

Die Zahlen sind beeindruckend: 2015 hat es in Deutschland 568 000 Staus gegeben mit einer Gesamtlänge von 1,1 Millionen Kilometern. Das ist, so der ADAC in seiner neuesten Staubilanz, eine Stauschlange, die 28 Mal um die Erde reichen würde! Und auch die Staustunden sind nicht von schlechten Eltern: 341.000 Stunden, was immerhin 1.184 Jahren bzw. 14.208 Tagen und acht Stunden entspricht. Von den Minuten wollen wir gar nicht reden. Spitzenreiter der Bundesländer war Nordrhein-Westfalen, das seine Position mit einer Staulänge von 322.633 Kilometern und einer Staudauer von 104.933 Stunden verteidigen konnte. Und Berlin setzte sich mit einer Staulänge von 80.868 Kilometern und einer Staudauer von 30.859 Stunden auf Platz sechs immerhin gegen die anderen Stadtstaaten durch. Was soll ich sagen? Jetzt weiß ich wieder, warum mir Autofahren so viel Freude bereit. Da kommt man endlich mal zur Ruhe.

Bitterer Nachgeschmack

Es ist ein gutes Jahr her, dass der Berliner Rechtsmediziner Michael Tsokos und seine Kollegin Saskia Guddat mit ihrem Buch Deutschland misshandelt seine Kinder versucht haben, das Land und seine Menschen wachzurütteln. Gestern nun wurde eine Neuauflage in Form einer Erweiterten Taschenbuchausgabe vorgestellt. Dabei enthält das Vorwort unter der Überschrift „Was unser Buch bewirkt hat (und was noch nicht)“ eine Passage, die einen – unabhängig vom eigentlichen Thema – schon ein wenig nach Luft schnappen lässt. „Zweimal waren wir auch bei Günther Jauch eingeladen, wurden jedoch jeweils im letzten Moment wieder ausgeladen, da sich die Redaktion für ein anderes, offensichtlich viel wichtigeres Thema entschieden hatte. Inwiefern die Schweizer Schwarzgeldkonten einer Alice Schwarzer brisanter sein sollen als das von uns angeprangerte tödliche Versagen des deutschen Kinderschutzes und inwiefern die Edathy-Affäre keine Überschneidungspunkte mit unserer Thematik aufweist, will sich uns allerdings bis heute nicht erschließen. Aus unserer Sicht lässt dies in Sachen Günther Jauch einen schalen Nachgeschmack zurück.“ Was soll ich sagen? Der schale Nachgeschmack wird noch bitterer, wenn man sich einmal näher anschaut, welche Themen für die Sendungen relevant sind. Gibt man beispielsweise den Suchbegriff Euro auf Günther Jauchs Seite ein, bekommt man satte 119 Treffer angezeigt. Geld bringt immerhin noch 54 Treffer, Steuern 25, Banken 21, Löhne 14, Hoeneß 13, Reiche 6 und Soli 5. Money makes the world go round. Und nach dem Motto Sex seils: Die Prostitution bringt es auf 7 Treffer, Kinderpornografie und Sex immerhin jeweils noch auf 4. Und Kinderschutz? Jetzt dürfen sie raten: Sage und schreibe 2 Treffer, beide datiert vom 26. Februar 2012. Der Weckruf von Tsokos und Guddat ist bei der Günther Jauch-Redaktion offensichtlich völlig ungehört verhallt, was um so ärgerlicher ist, als wir alle deren Tiefschlaf bezahlen – müssen.

Taschenbuch Tsokos                                  Deutschland misshandelt seine Kinder                                                                      Michael Tsokos & Saskia Guddat                                                                                    320 Seiten, 9,99 Euro                                                                                                  ISBN: 978-3-426-78637-6                                                                                          Knaur TB 2015

Zwei Jahre: 1.000.000 Besuche

Man hätte es gar nicht besser planen können: Opas Blog feiert heute seinen zweiten Geburtstag und registriert gleichzeitig seinen 1.000.000sten Besuch. Das ist sensationell, vor allem wenn man bedenkt, dass es für die ersten 500.000 Besuche knapp anderthalb Jahre gebraucht hat, für die restlichen 500.000 lediglich etwas mehr als ein halbes Jahr. Was soll ich sagen? Da kann ich meinen treuen Lesern nur ein ganz großes Dankeschön aussprechen und zusagen, dass ich auch künftig jeden Tag in die Tasten greifen und einen Beitrag auf Opas Blog posten werde. Dabei hoffe ich natürlich, dass meine Texte weiterhin auf so viel positive Resonanz stoßen. In diesem Sinne meine Bitte: Bleiben Sie mir gewogen.

DrüberGegen drei Uhr war es soweit: 1.000.000 Besuche auf Opas Blog. Einfach fantastisch!

Ehe kein Auslaufmodell

Könnte eine Partei, eine Person oder eine Idee eine Zustimmungsquote von 70 Prozent auf sich vereinigen, würden vermutlich die Sektkorken knallen und die Protagonisten vor Kraft kaum laufen können. Anders verhält es sich leider, wenn es um das Themenspektrum Ehe und Familie geht. Die Zahlen, von denen hier die Rede ist, hat jetzt das Statistische Bundesamt veröffentlicht: Danach waren im Jahr 2013 in Deutschland 70 % der insgesamt knapp 8,1 Millionen Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind Ehepaare. Der Anteil der alleinerziehenden Mütter und Väter an allen Familien betrug 20 %. Die restlichen 10 % entfielen auf nichteheliche oder gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften. Soweit die Statistik. Für die einen ist sie der Beleg für einen Trend zur von der Ehe emanzipierten Familie und damit für einen Bedeutungsverlust der Ehe. Für die anderen bedeutet sie, dass die Ehe nach wie vor die wichtigste Familienform ist. Wie dem auch sei, weltweit stehen Ehe und Familie rechtlich unter Schutz. “Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat”, heißt es in Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. In Artikel 23 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte steht eingangs: “(1) Die Familie ist die natürliche Kernzelle der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat. (2) Das Recht von Mann und Frau, im heiratsfähigen Alter eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, wird anerkannt.” Wie die Charta der Grundrechte der Europäischen Union schützt auch das Grundgesetz in Deutschland Ehe und Familie: “Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung”, heißt es in Artikel 6. Die Wertschätzung von Ehe und Familie, die in den verschiedenen Normen zum Ausdruck kommt, kommt nicht von ungefähr. So sehen deren Autoren in der Familie das ideale Umfeld für das gedeihliche Aufwachsen von Kindern, ohne die keine Gesellschaft dauerhaft eine Zukunft hat. Und der Ehe kommt als Vorstufe zur Familie dabei mehr oder weniger die Funktion der Keimzelle des Gemeinwesens zu. Was soll ich sagen? Totgesagt leben bekanntlich länger. Und so wird es vermutlich noch eine ziemlich lange Zeit dauern, bis das Institut Ehe ausgedient hat – wenn es überhaupt so weit kommt. Opa glaubt eher, dass die Ehe kein Auslaufmodell ist.

Oma und Opa ihrer Zeit voraus

Niederländerinnen lieben Deutsche. Das hat jetzt die Veröffentlichung eines EU-Flirtguides zu Tage gefördert. Danach würden über 70 Prozent der Niederländerinnen am liebsten mit einem Deutschen anbandeln. „Dieser ‚Liebesbeweis‘ der Holländer“, so schreibt „Die Welt“, „ist umso höher zu bewerten, als sie sich auch für Partner aus neun anderen Ländern hätten entscheiden können.“ Leider erwidern die Deutschen diese Liebe nicht, sondern stehen mehr auf Spanierinnen und Italienerinnen. Die allerdings erwidern die Zuneigung der Deutschen auch nicht, sondern flirten lieber untereinander. Was soll ich sagen? Da war doch Oma 1974 ihrer Zeit weit voraus. Und Opa allemal, der Oma bereits beim dritten Treffen gefragt hat, ob sie ihn heiraten will. Von wegen gut Ding will Weile haben.

Schuld der Erwachsenen

Beim Frühstück oder besser gesagt bei der Lektüre der Morgenzeitung ist mir gestern mal wieder so richtig schlecht geworden. Denn der „Tagesspiegel“ berichtete unter der Überschrift „Drei tote Kinder pro Woche“ von der Polizeilichen Kriminalstatistik 2013 zu kindlichen Gewaltopfern, und die liest sich so: 153 Kinder wurden getötet. In 72 Fällen blieb es bei einem Tötungsversuch. Nach erstmaligem Rückgang im Jahr 2012 musste für 2013 wieder ein Anstieg an gegen Kinder gerichteten Fällen körperlicher Misshandlungen verzeichnet werden. 4.051 Kinder waren hiervon betroffen. Die in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Fälle des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischen Materials stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 16,43 Prozent auf 6.691 Fälle an. Im Bereich sexueller Gewalt weist die Statistik einen Rückgang von 1,80 Prozent auf 14.877 Opfer auf. Dabei spiegeln die Statistiken nur das Hellfeld wider, das Dunkelfeld ist wesentlich größer. Was soll ich sagen? Als der Berliner Rechtsmediziner Michael Tsokos und seine Kollegin Saskia Guddat Anfang des Jahres ihr Buch „Deutschland misshandelt seine Kinder“ vorstellten, ernteten sie in der Ärzteschaft und sogar dem eigenen Haus Charité, um es vorsichtig auszudrücken, nicht nur Lob und Anerkennung. Zum Teil wurde ihnen sogar vorgeworfen, die von ihnen genannten Zahlen seien übertrieben. Jetzt stellt sich heraus, dass sie noch viel schlimmer sind. Man kann nur hoffen, dass auch die Kritiker von damals die aktuellen Zahlen gelesen haben. Denn dann stimmen sie ja vielleicht auch mit der Tsokos-Aussage überein: „Immer, wenn ein Kind verletzt oder getötet wird, trifft einen Erwachsenen die Schuld. Es ist unsere Verantwortung, Kinder vor Misshandlung zu schützen.“

PS: Warum das Thema dem „Tagesspiegel“ keine Zeile auf der Seite 1, sondern nur auf Seite 4 unten und auch keinen Kommentar wert war, wissen nur die Götter.